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Digitaler Zwilling im Bauwesen

13.12.2023 | 7 min Lesedauer | Written by Johannes Heinrich

Digitale Zwillinge im Bauwesen ermöglichen es, technische Anlagen, Gebäude und sogar ganze Städte virtuell zu kopieren. Was ein digitaler Zwilling genau ist, was seine Vorteile sind und welche digitalen Gebäude bereits heute existieren, erfahren Sie in diesem Beitrag. 

Digitaler Zwilling im Bauwesen: Alle Fakten zu den Vorteilen

Inhalt

  • Definition digitaler Zwilling
  • Digitaler Zwilling im Bauwesen: Nutzen und Vorteile 
  • Beispiele für digitale Zwillinge im Bauwesen 
  • Digitaler Zwilling und BIM 
  • Fazit

Definition digitaler Zwilling

Ein digitaler Zwilling oder virtueller Zwilling ist ein computerbasiertes Modell der physischen Realität. Er ist also eine virtuelle Kopie eines Gegenstandes, einer Konstruktion oder einer Umgebung. Das Centre for Digital Built Britain definiert einen digitalen Zwilling als “eine realistische digitale Darstellung von Objekten, Prozessen oder Systemen in der gebauten oder natürlichen Welt.

Digitaler Bau dank computerbasierter Modelle

Im Bauwesen werden virtuelle Zwillinge in Form von digitalen Gebäuden oder ganzen Städten angewendet. Das hilft den beteiligten Parteien dabei, die Realisierbarkeit von Projekten einzuschätzen, den Baufortschritt zu überwachen und die teamübergreifende Zusammenarbeit zu verbessern.

Im Gegensatz zu statischen Modellen wie 2D-Scans oder physischen Modellen lässt sich der digitale Zwilling automatisiert und in Echtzeit mit Daten speisen. So gibt er stets ein akkurates Bild des aktuellen Zustands des Gebäudes in digitaler Form wieder.

Trotz des hohen Potenzials beschränkt sich die Anwendung digitaler Zwillinge in der Baubranche vor allem auf größere Projekte und experimentelle Einsätze. Ein Grund dafür ist, dass die Technologie noch relativ jung ist. Mit der rapide fortschreitenden Entwicklung in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Dezentralisierung und Digitalisierung dürfte sich die Anwendung aber zukünftig auch in alltäglichen Bauprojekten verbreiten.

Digitaler Zwilling im Bauwesen: 4 Nutzen und Vorteile 

Das Potenzial des virtuellen Zwillings und des digitalen Baus im Allgemeinen begründet sich aus den mehreren Vorteilen, welche diese Technologie der Branche zu bieten hat. 

Folgend vier Beispiele, wie die Baubranche von digitalen Zwillingen profitiert:

1. Ein digitales Gebäude sorgt für Transparenz

Durch die digitale Replikation eines Gebäudes werden alle Informationen zugänglich und verständlich visualisiert. Dies umfasst Materiallisten, Konstruktionspläne, Zeitpläne und sogar zukünftige Wartungsanforderungen. Durch Sensoren werden Daten zum Zustand übermittelt und automatisch im Modell umgesetzt, was für eine bessere Übersicht und Klarheit sorgt.

Diese Transparenz ist bei komplexen Projekten entscheidend. Sie hilft, Missverständnisse zu vermeiden, den Ablauf nachzuvollziehen und Fehlerquellen zu erkennen. Wenn Änderungen notwendig sind, können diese zudem leichter kommuniziert und in das Gesamtmodell integriert werden.

2. Verbesserte Entscheidungsfindung dank digitalem Bau

Durch die Technologie des digitalen Zwillings haben Anwender:innen Zugriff auf ein virtuelles Modell und sehen, wie ihre Entscheidungen das reale Gebäude beeinflussen werden. Anstatt Vermutungen anzustellen, können Bauteams die besten Entscheidungen auf Basis realer Daten treffen.

Dies gilt im Übrigen auch für die Nutzungsphase, in der das Gebäude aufgrund der eindeutigen Datenlage besser bewirtschaftet werden kann.

3. Effizienter, günstiger und pünktlicher Bauen

Der Einsatz digitaler Technologien im Bauwesen bringt eine neue Ära des effizienteren, kostengünstigeren und pünktlicheren Bauens. Durch den digitalen Zwilling wird der gesamte Bauprozess transparenter und kontrollierbarer. So sparen die beteiligten Personen und Unternehmen Zeit, die sonst für Korrekturen draufgehen würde.

Zudem ermöglicht der digitale Zwilling eine genauere Budgetplanung und Kostenkontrolle. Anstatt auf Schätzungen zu bauen, kalkulieren Anwender:innen die Kosten auf Basis realer Daten. Das reduziert unerwartete Ausgaben und hält das Budget im Rahmen.

4. Neue Geschäftsmöglichkeiten erschließen

Digitale Zwillinge im Bauwesen sind nicht nur ein Fortschritt in Sachen Technik – sie öffnen auch Türen zu ganz neuen Geschäftsmöglichkeiten. So können Unternehmen zum Beispiel maßgeschneiderte Wartungs- und Managementdienstleistungen für Gebäude anbieten. Digitale Zwillinge können aber auch bereits vor dem Baustart genutzt werden, etwa um virtuelle Rundgänge durch geplante Gebäude anzubieten.

Im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Energieeffizienz eröffnen sich ebenfalls neue Geschäftsfelder. So lassen sich mit den Daten aus digitalen Zwillingen umweltfreundlichere Gebäude planen und bauen. Das reduziert den digitalen Fußabdruck der Branche und dient als starkes Verkaufsargument.

Beispiele für digitale Zwillinge im Bauwesen 

Ein digitaler Zwilling bei kleineren Gebäuden ist zwar möglich, jedoch noch wenig verbreitet. Bei größeren Projekten kommt die Technologie allerdings bereits jetzt in vielen Weltregionen zum Einsatz.

Bemerkenswert ist, dass der digitale Bau besonders in Asien stark vertreten ist. Konkret stechen ostasiatische Industrienationen wie Singapur und China hervor. Während sich Singapur auf zahlreiche Projekte im eigenen Land konzentriert, stößt China mit der Technologie auch ins Ausland vor. In seinen Projekten der One Belt, One Road Initiative setzen chinesische Bauträger digitale Bautechnologien in ganz Asien, Europa und Afrika um.

Gründe für die verstärkte Nutzung des digitalen Baus in Asien sind unter anderem die Gesetzgebung, eine erhöhte Akzeptanz gegenüber neuen Technologien und eine aktive staatliche Förderung.

Doch auch in der westlichen Welt gibt es zahlreiche prominente Beispiele für die Anwendung digitaler Zwillinge. In den Bereichen der Energieeffizienz und der Zusammenführung von digitalen Zwillingen mit BIM sind Länder wie das Vereinigte Königreich, die Niederlande und Australien besonders aktiv.

Sehen wir uns nun einige Beispiele für digitale Zwillinge im Bauwesen an.

Digitaler Zwilling: 5 Beispiele rund um den Globus

In diesen fünf Beispielen kommt ein digitaler Zwilling zum Einsatz:

Hinkley Point C Nuclear Power Station

Standort: Somerset, England
Art des Bauwerks: Kernkraftwerk

Beim Bau des ersten britischen Atomkraftwerks seit über 20 Jahren setzt das Bauunternehmen BYLOR digitale Technologien wie virtuelle Zwillinge ein. Anstelle traditioneller 2D-Zeichnungen helfen diese Modelle den Bauarbeiter:innen, die Komplexität des Projekts besser zu verstehen und Bauvorgänge effizienter zu gestalten.

Virtuelle Kopie Shanghais

Standort: Shanghai, China
Art des Bauwerks: Ganze Stadt

Das Unternehmen 51World hat eine virtuelle Kopie von Shanghai erstellt. Dieser digitale Zwilling von Shanghai, aufgebaut in der Unreal Engine, umfasst das gesamte Stadtgebiet mit einer Fläche von 3.750 Quadratkilometern. Für die Erstellung des digitalen Zwillings wurden über 20 markante Strukturen, einschließlich des Oriental Pearl Towers und des Shanghai Towers, individuell modelliert. Die Daten für die Erstellung stammen aus verschiedenen Quellen, darunter Satelliten, Drohnen und Sensoren.

Opernhaus von Sydney 

Standort: Sydney, Australien
Art des Bauwerks: Kulturstätte

Ein weiteres Beispiel für die Nutzung digitaler Zwillinge ist das berühmte Opernhaus von Sydney. Hier hilft der nachträglich erstellte digitale Zwilling des Gebäudes, wichtige Informationen für Betrieb und Wartung leichter zugänglich zu machen, was sowohl die Betriebseffizienz als auch das Besuchererlebnis verbessert. Der digitale Zwilling des Opernhauses, der laufend aktualisiert wird, verbindet ein präzises virtuelles Modell des Gebäudes mit seinen technischen, Wartungs- und Kontrollsystemen. 

Flughafen Amsterdam Schiphol

Standort: Amsterdam, Niederlande
Art des Bauwerks: Flughafen

Am Flughafen Amsterdam Schiphol wird ein digitaler Zwilling genutzt, um Betriebsabläufe zu optimieren. Der digitale Zwilling, bekannt als Common Data Environment (CDE), sammelt Daten aus verschiedenen Quellen wie BIM-Daten, GIS-Daten und Echtzeitinformationen über Projektänderungen. Mehr als 80.000 Vermögenswerte des Flughafens, sowohl im Innen- als auch im Außenbereich, werden überwacht und gewartet, unterstützt durch Daten von Fernsensoren. In Zukunft möchte Schiphol auch historische und geplante Bauansichten integrieren, um den gesamten Entwicklungsprozess des Flughafens darzustellen.

Changi Water Reclamation Plant

Standort: Changi, Singapur
Art des Bauwerks: Wasseraufbereitungsanlage

In Singapur wurde bei der Changi Water Reclamation Plant ein digitaler Zwilling eingesetzt, der als eines der ersten Beispiele der Technologie für die Bauindustrie gilt. Das Modell integriert Echtzeitdaten und Simulationstechniken, um den Betrieb der Anlage genau abzubilden und zukünftige Leistungen vorherzusagen. Die Anwendung ermöglicht die Verbesserung der Wasserqualität und bietet effektive Trainingsmöglichkeiten für das Bedienpersonal. Der digitale Zwilling warnt zudem vor möglichen Betriebsstörungen und passt sich selbstständig an reale Betriebsbedingungen an.

Digitaler Zwilling und BIM 

In der Bauindustrie erweist sich die Kombination von BIM (Building Information Modeling) und digitalen Zwillingen als echter Game-Changer. Während BIM ein statisches Modell für die Planungs- und Bauphase liefert, bringt der digitale Zwilling Dynamik ins Spiel. Er nutzt Echtzeitdaten, um das reale Verhalten und die Performance von Bauwerken abzubilden. Zusammen schaffen sie einen Mehrwert, der über die reine Bauzeit hinausgeht.

Echtzeitanalysen, die durch die Verknüpfung von BIM und digitalen Zwillingen möglich werden, minimieren Risiken und steigern die Flexibilität. Der digitale Zwilling und BIM ergänzen sich hier perfekt und öffnen die Tür zu einer Zukunft, in der smarte Gebäude die Norm sind.

Fazit

Digitale Zwillinge verfügen über das Potenzial, das Bauwesen zu revolutionieren. Sie sorgen für mehr Transparenz im Bauprozess, eine verbesserte Entscheidungsfindung und effizientere Bauabläufe. Ein digitales Gebäude macht jedes Detail, von der Materialliste bis zur Wartungsplanung, sichtbar und verständlich. Besonders spannend ist zudem die Kombination mit BIM (Building Information Modeling) und digitalem Baumanagement, wie dem von PlanRadar.

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