PlanRadar für Architekten und Ingenieure
3 Praxisbeispiele, wie Sie mit PlanRadar Ihre Planung nahtlos mit der Ausführung verbinden
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Die Umnutzung ist ein Prozess der Wiederverwendung von Gebäuden, die ihren ursprünglichen Nutzungszweck bereits überdauert haben, für andere Zwecke oder Funktionen unter Beibehaltung ihrer historischen Merkmale. Eine geschlossene Schule kann in Eigentumswohnungen umgewandelt werden. Eine alte Fabrik kann zu einem Museum werden. Eine alte Scheune wird zur geräumigen, naturnahen Eigentumswohnung Wohnhaus.
Die Umnutzung von Gebäuden ist eine Maßnahme, die mit Kreativität und Innovation verbunden ist, doch sie ist bei weitem nichts Neues. Bereits vor mehreren hundert Jahren wurden Gebäude im Rahmen eines Machtwechsels umfunktioniert. Paläste wurden in Bibliotheken verwandelt, und Moscheen in Kirchen.
Vorteile der Umnutzung von Gebäuden
Bei der Umnutzung von Gebäuden ist oft viel Kreativität gefragt. Doch diese Bemühungen bieten in den meisten Fällen beachtliche Vorteile.
Ein umweltfreundlicher Ansatz
Die Umnutzung ist in der Regel umweltfreundlicher als der Abriss und Neubau eines Gebäudes. Insbesondere, wenn man bedenkt, dass die abtransportierten Baustoffe eines Abrisses nur schwer recycelbar sind. Viele Gemeinden fördern Bemühungen, die darauf abzielen, den Lebenszyklus bereits errichteter Gebäude zu verlängern, Ressourcen zu schonen, Abfälle zu reduzieren, die Umweltauswirkungen neuer Gebäude im Zusammenhang mit der Materialherstellung und dem Transport zu verringern und zugleich mehr Wohn- und Gewerberaum auf bereits verbauten Grund zu schaffen.
Bedenklich sind lediglich die berüchtigt hohen Betriebskosten alter Gebäude, die oft im Vergleich zu modernen Gebäuden schlecht isoliert sind. In vielen Fällen wird daher bei der Neuverkleidung der alten Gebäude nicht gespart, um langfristig von der verbesserten Energieeffizienz zu profitieren.
Bewahrung des Stadtbilds und kulturelle Wertschätzung
Der historische Charakter einer Stadt wird durch die Umnutzung geehrt. Denkmalgeschützte Strukturen werden zukunftssicher umgestaltet und dennoch erhalten. Die ästhetischen Details an den Fassaden und Gewölbedecken eines Altbaus können bewahrt werden. Alte Anlagen oder Maschinen werden in vielen Fällen ebenfalls aufgehoben und fungieren als dekorativer, nostalgischer Blickfang, der an den früheren Zweck eines Gebäudes erinnert.
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Geringerer Kosten- und Zeitaufwand
Auch profitorientierte Immobilienentwickler:innen, für die die Nachhaltigkeit und die Bewahrung des architekturhistorischen Erbes eher zweitrangig sind, entscheiden sich aus finanziellen Gründen dennoch für die Umnutzung. Sämtliche Arbeiten am Rohbau fallen bei der Umnutzung weg und intakte Versorgungsleitungen können weiter genutzt werden. In vielen Fällen sind die qualitativen Baumaterialien von damals, wie zum Beispiel alter Backstein oder urwüchsiges Holz, heutzutage noch kaum erhältlich. Die Baukosten der Umnutzung sind bei gleichbleibender Nutzfläche um bis zu 50 % geringer als Neubauten.
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Leichteres Spiel bei den Behörden
Der Plan zur Umnutzung eines Gebäudes wird von den örtlichen Behörden meist schneller genehmigt als Abriss und Neubau. In einigen Fällen können Projekte sogar durch Subventionen oder Steuererleichterungen von der Stadtverwaltung gefördert werden.
Darf man ein Gebäude einfach so umnutzen?
Nein. Die Umnutzung und Schaffung neuer Wohnraum im bereits verbauten Raum wird politisch gerne gesehen. Doch auch die Nutzungsänderung erfordert Bürokratie und muss baurechtlich genehmigt werden.
Wie stellt man einen Antrag zur Umnutzung?
Zunächst muss eine Bestandsanalyse durchgeführt werden. Alles muss aufgemessen werden. Die vorhandene Struktur muss zudem auf potenzielle Schadstoffe untersucht werden. Besonders bei ehemaligen Industriegebäuden kann es passieren, dass eine Umnutzung als Wohn- oder Gewerberaum aufgrund einer hohen Schadstoffbelastung nicht möglich ist.
Nach der Bestandsanalyse muss der Bauherr bzw. die Bauherrin in jedem Fall einen Antrag auf Genehmigung einer Nutzungsänderung bei der zuständigen Bauaufsichtsbehörde der Gemeinde oder Stadt stellen. Im Antrag muss der neue Zweck der Nutzung deutlich beschrieben werden. Selbstverständlich muss die Umnutzung auch Brand-, Wärme- und Schallschutz-konform sein, unabhängig von der Ausgangssituation des alten Nutzungszwecks.
5 großartige Beispiele der Umnutzung von Gebäuden in Deutschland
Von Postamt zu Wohnung & Café – Berlin
Das Postamt W30 an der Ecke Geisbergstraße/Welserstraße in Berlin wurde von der damaligen Deutschen Reichspost in den 1920er Jahren errichtet. Es galt als eine der größten Postneubauten. Das Dach des Postamts wurde im 2. Weltkrieg zerstört, doch die expressionistische Fassade sowie die Rundbogenfenster überdauerten den Krieg. 2013 wurde ein Wettbewerb zur Umnutzung des veralteten Postamts ausgeschrieben.
Das Architekturbüro O&O gewann diesen Wettbewerb, stockte das Gebäude auf und verwandelte die 25.000 m² Grundfläche in 129 geräumige Wohnungen. Die Schalterhalle wurde zum Gemeinschaftsbereich inklusive Fitnessraum, Küche und verbindet auch die beiden gemeinschaftlichen Innenhöfe. Der Eckbereich im Erdgeschoss, der aufgrund eines fehlenden Vorgartenareals nur begrenzt Privatsphäre ermöglicht und daher als Wohnbereich eher ungeeignet ist, wurde zu einem Café dessen Ambiente von den malerischen Rundbogenfenstern abgerundet wird.
Vom Kirchengebäude zum Klettergarten – Mönchengladbach
Die Kirchen Deutschlands stehen zunehmend vor einer finanziellen Herausforderung. Die Kirchengemeinden schrumpfen und immer weniger Menschen erscheinen zum wöchentlichen Gottesdienst. Doch die Erhaltungskosten der Gotteshäuser bleiben oder steigen an. So erging es auch der Kirche St. Peter in Mönchengladbach. Sie wurde 1933 erbaut und ist seit Jahrzehnten denkmalgeschützt. Die Gemeinde stieß mit dem Unterhalt der Kirche an ihre finanziellen Grenzen und vermietete sie schließlich für 25 Jahre an zwei leidenschaftliche Kletterer. Es entstand Deutschlands erste Kletterkirche. Im Altarraum befindet sich nun eine 13-Meter hohe Kletterwand.
Selbstverständlich waren viele religiöse Einheimische von dieser Idee weniger begeistert. Doch durch die Nutzung als Kletterhalle konnte man das architekturhistorisch wertvolle Gebäude erhalten. Mittlerweile ist die “Kletterkirche” auch in diversen renommierten Reiseführern abgebildet und wird oft als Paradebeispiel für die kreative Gebäudeumnutzung herangezogen.
Von der Brikettfabrik zur Wohnung – Frechen bei Köln
In Frechen bei Köln wurde 1905 bis 1907 eine Brikettfabrik mit 11.000 m² Bruttogrundfläche errichtet. Die stillgelegte, aber denkmalgeschützte Grube Carl wurde unter anderem aufgrund der umliegenden Natur und der exzellenten Anbindung zur Infrastruktur 1995 umgenutzt. Das sogenannte Trocken– und Pressehaus wurde in großzügige Gewerbe-und Wohneinheiten (alle zwischen 56 und 191 m²) umgenutzt. Die Grundrisse der Einheiten wurden flexibel unterteilt, wobei der Essbereich mit einer offenen Küche besonders großzügig gestaltet wurde. Zudem wurden alle Wohnungen mit Balkonen ergänzt.
Zur historischen Wertschätzung und Erinnerung an den früheren Zweck des Gebäudes wurde eine Denkmalachse errichtet, die beide Teile des Areals verknüpft. Entlang dieser Achse ließ man alte Anlagen und Maschinen der Brikettfabrik stehen. Der behutsame Umgang mit den denkmalgeschützten Qualitäten des historischen Gebäudes verleiht dem Wohnort eine einzigartige Identität mit Geborgenheit.
Vom Wasserturm zu Wohnung und Büroraum – Bredeney bei Essen
Auch veraltete Versorgungsgebäude können in Wohnungen umgebaut werden. Ein spektakuläres Beispiel für die Umnutzung ist ein 1921 errichteter Wasserturm am Waldrand eines Landschaftsschutzgebietes in Essen. Das sechseckige denkmalgeschützte Gebäude besteht aus einer Stahlbetonkonstruktion und einer genieteten Stahlkugel, in der früher das Wasser gespeichert wurde.
Der Wasserturm wurde in 3 Wohneinheiten mit mehr als 400 m², einen Konferenzraum und einen Büroraum umgenutzt. Die 9 Geschosse wurden mit einem verglasten Aufzugsturm und einer umlaufenden Treppe erschlossen. Im Erdgeschoss befindet sich eine Bürofläche und im Obergeschoss ein Konferenzraum mit idyllischem Blick über die Baumkronen.
Das Projekt zeigt vorbildhaft, wie man Technikdenkmäler durch die Umnutzung in extrovertierte und dennoch intime Wohnbereiche verwandeln und so wiederbeleben kann. Der Abstand zwischen dem frei stehenden Aufzug- und Treppenturm wird und dem Turm ehrt den architekturhistorischen Wert des Gebäudes.
Von Scheune zu Wohnhaus – Volkach bei Würzburg
Die Umnutzung landwirtschaftlicher Gebäude ermöglicht es, Ställe und Scheunen in einzigartige Wohnbereiche zu verhalten. Derartige Gebäude sind oft großräumig und bieten so viel Platz für Individualität und Kreativität. Die Ensemblestruktur vieler landwirtschaftlicher Gebäude ermöglicht auch ein soziales Miteinander mit separaten Wohnbereichen.
In Volkach nahe Würzburg wurde eine Scheune mit einem geschützten Hof zum Wohnhaus mit 150 m². All dies zu Kosten von lediglich 679 €/m². Die in den 20er Jahren errichtete Scheune aus Bruchstein samt Hof und Garten wurde in eine flexibel gestaltbare Wohnfläche auf 2 Ebenen umgenutzt. Der Grundriss wurde in diverse Nutzungsbereiche untergliedert. Bad und Küche befinden sich an der Straßenseite, während der zentrale Innenraum des Gebäudes vielfältig umgestaltet werden kann. Verglasungen schaffen einen reibungslosen Übergang zwischen Wohnraum und Garten.
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Wie hilft PlanRadar bei der Umnutzung von Gebäuden?
Die Umnutzung von Gebäuden bietet viele Chancen, stellt Bauherren und Bauherrinnen jedoch auch vor einzigartige Herausforderungen. Man kann den verfügbaren Grund nicht beliebig bebauen, sondern ist beim Bauvorhaben eingeschränkt. Man muss die strukturelle Beschaffenheit des bereits vorhandenen Rohbaus berücksichtigen und zugleich mit (oft denkmalgeschützten) historischen Details respektvoll umgehen und diese erhalten.
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Doch gerade diese Limitierungen regen gezwungenermaßen zur Kreativität an. Bemühungen bei der Umnutzung können mittels PlanRadar reibungslos kommuniziert und dokumentiert werden, um die Abwicklung des innovativen Bauvorhabens zu meistern.