Die Architektur der Zukunft
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Die Schweiz gilt als Vorreiter im Bereich der Umnutzung von Gebäuden und spielt für viele Länder eine Vorbildrolle. Doch was ist die Umnutzung von Gebäuden genau, was sind die Vorteile und welche prominenten Beispiele gibt es in der Eidgenossenschaft? Dies klären wir im folgenden Beitrag.
Wenn ein Gebäude umgenutzt wird, wird sein Zweck neu definiert, indem das bestehende Bauwerk für eine andere als die ursprünglich geplante Nutzung wiederverwendet wird. Der ursprüngliche Charakter des umzunutzenden Gebäudes bleibt dabei weitgehend unverändert. Bei der Umnutzung trifft alt auf neu, was die Gebäude sowohl von innen als auch von aussen optisch attraktiv macht und einzigartige Kontraste kreiert. In der Schweiz besonders beliebt für die Umnutzung sind Gebäude wie Luftschutzkeller, landwirtschaftliche Gebäude, Fabriken, Alphütten, Getreidespeicher und militärische Anlagen wie Bunker oder Kasernen.
Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis wir die 10-Millionen-Schweiz erreichen. Städte wie Zürich, Lausanne, Genf, Basel und deren Agglomerationen platzen bereits heute aus allen Nähten und die Wohnkosten gehören zu den höchsten der Welt. Die Schweiz ist ein kleines Land mit einer stark begrenzten Fläche. Die Politik hat dieses Problem längst erkannt und definierte den Grundsatz des verdichteten Bauens im eidgenössischen Raumplanungsgesetz verpflichtend für alle Kantone. Die Umnutzung von bestehenden Gebäuden ist eine Verdichtungs-Strategie, die heutzutage in der ganzen Schweiz zur Anwendung kommt.
Vorteile der Umnutzung
In den letzten drei Jahrzehnten wurde die Umnutzung von Gebäuden immer populärer in der schweizer Wirtschaft und Politik. Dies liegt daran, dass die Umnutzung zahlreiche Vorteile mit sich bringt. Die wichtigsten Vorteile stellen wir Ihnen in den folgenden Abschnitten vor.
Umweltverträglichkeit
Die vorteilhafte Ökobilanz der Umnutzung von Gebäuden, verglichen mit einem Neubau ist ein wichtiger Grund, weshalb die Umnutzung von Gebäuden in den letzten Jahrzehnten enorm an Popularität gewann. Wenn ein bestehendes Gebäude umgebaut und für einen neuen Zweck eingerichtet wird, ist dies in fast allen Fällen umweltfreundlicher und ressourcenschonender, als wenn ein Neubau erstellt wird. Bei der Umnutzung bleibt der Rohbau des ursprünglichen Gebäudes zum grössten Teil bestehen. Das führt dazu, dass die Bauarbeiten weniger Energie verbrauchen und dass weniger neue Baustoffe bezogen werden müssen. Da der Lebenszyklus eines Gebäudes somit verlängert oder sogar beinahe wieder neu gestartet wird, lassen sich auch auf langfristige Sicht Ressourcen-intensive Neubauten vermeiden
Zusätzlich hilft die Umnutzung von Gebäuden dabei, Bauabfälle zu reduzieren. Das Bauland in der Schweiz ist stark begrenzt. Wenn ein Neubau gebaut wird, muss oftmals zuerst ein bereits bestehendes Gebäude abgerissen werden. Dabei fällt tonnenweise Bauschutt an, welcher die Umwelt belastet, oftmals nicht recycelt werden kann und daher als Sondermüll entsorgt werden muss. Wenn man ein Gebäude umnutzt, statt es abzureisen und durch einen Neubau zu ersetzen, lassen sich dadurch umweltschädliche Abfälle vermeiden.
Stadtbild und Denkmalschutz
Der Denkmalschutz hierzulande gehört zu den restriktivsten der Welt. Der Schweizer Heimatschutz ist dafür bekannt, keine Kompromisse einzugehen und besonders genau hinzuschauen. Wenn ein Gebäude umgebaut werden soll oder wenn Wohnungen an einem bereits bebauten Standort geplant sind, ist eine Umnutzung oftmals die einzige Möglichkeit.
Bei der Umnutzung wird der historische, kulturelle oder künstlerische Charakter eines Gebäudes kaum oder gar nicht beeinträchtigt. Unabhängig davon, ob das Gebäude aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder auf Wunsch der Eigentümer:in nicht verändert werden darf, bilden Umnutzungen die perfekte Möglichkeit, ein Gebäude zu erhalten und es dennoch an zeitgemässe Nutzungszwecke anzupassen. Umnutzungen sind in Schweizer Altstädten eher die Norm als Ausnahme. Kaum ein Geschäft, ein Hotel oder eine Wohnung in den historischen Altstädten der Schweiz wurde ursprünglich für den Zweck gebaut, für den es heute genutzt wird.
LESETIPP: Denkmalschutz bei Immobilien: Darauf müssen Sie achten
Zeit und Kosten
Ein Umbau muss nicht zwingend schneller und günstiger sein als ein Neubau. Es gibt aber viele Beispiele, in denen die Faktoren Zeit und Kosten eine Rolle spielen, bei der Entscheidung, ob ein Gebäude umgenutzt oder abgerissen werden soll. Neben der Ökologie und der Beibehaltung kultureller Merkmale sind die wirtschaftlichen Aspekte der Umnutzung von bestehenden Gebäuden ein weiterer Vorteil. Besonders bei vergleichsweise neuen Bauten, die nicht unter Denkmalschutz stehen, ihren ursprünglichen Nutzungszweck aber nicht mehr erfüllen können, ist eine Umnutzung oftmals schneller und günstiger als ein Abriss, gefolgt von einem Neubau.
Die Umnutzung stellt damit eine interessante Gelegenheit für schweizer Immobilienentwickler:innen dar, ein gefragtes und gleichzeitig kostenschonendes Projekt zu lancieren. Da bei einer Umnutzung sämtliche Arbeiten am Rohbau wegfallen und intakte Versorgungsleitungen weiter genutzt werden können, hält sich der Aufwand für einen Umbau in Grenzen. Bei manchen Umnutzungs-Projekten sind die Baukosten im Vergleich zu einem Neubau um bis zu 50 Prozent niedriger.
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Verdichtetes Bauen
Das verdichtete Bauen ist ein für alle Kantonen verpflichtender Grundsatz, festgelegt im eidgenössischen Raumplanungsgesetz. Damit war die Schweiz eines der ersten Länder der Welt, welches das verdichtete Bauen gesetzlich verankerte. Das vorhandene Bauland muss optimal genutzt werden. Mit der Umnutzung von Immobilien kann die nötige Verdichtung erreicht werden, ohne dass dabei Abstriche bei der Nutzung oder beim Stadtbild gemacht werden müssen.
Im Schweizer Mittelland wird der Raum für Wohnungen und Geschäfte immer knapper. Bereits heute gehören die Immobilienpreise in der Schweiz zu den höchsten der Welt. In kaum einer anderen Stadt sind die Mieten so hoch wie in Zürich, Genf oder Lausanne. Die Schaffung von Wohnraum ist daher eine zentrale Angelegenheit für die Bewohner:innen der Schweiz. Die Umnutzung von Schulen, Fabriken etc. hilft dabei, diesen Wohnraum zu schaffen.
Sind Umnutzungen in der Schweiz erlaubt?
Umnutzungen sind in der Schweiz nicht nur erlaubt, sie werden sogar aktiv gefördert. Dennoch ist es wie bei jedem Bauvorhaben wichtig, vor dem Bau alle erforderlichen Genehmigungen zu beschaffen. Vor allem, wenn ein Gebäude unter Denkmalschutz steht, sollten Besitzer:innen nichts dem Zufall überlassen. Verstösse gegen den Denkmalschutz können nicht nur hohe Kosten für Sanierungsarbeiten, sondern auch rechtliche Konsequenzen mit sich ziehen.
Fünf Beispiele für die Umnutzung von Gebäuden in der Schweiz
Die Umnutzung von alten Gebäuden in der Schweiz wird seit Jahrzehnten betrieben. In den letzten Jahren haben Bauprojekte dieser Art jedoch nochmals stark an Bedeutung gewonnen. Heute ist die Umnutzung in vielen Ländern rund um den Globus ein allgegenwärtiger Trend im Bauwesen. Für viele dieser Länder gilt das Schweizer Modell als Vorbild.
Am weitesten verbreitet sind die Umnutzungen in der Schweiz in den Altstädten und in touristischen Bergregionen. In der Agglomeration findet man weniger umgenutzte Gebäude, da es sich in den Vorstädten oft um relativ neu geschaffenes und zuvor unbebautes Bauland handelt. Folgend stellen wir Ihnen fünf Umnutzung von Gebäuden Beispiele in der Schweiz vor.
Schauspielhaus Zürich: Schiffbau
Standort: Escher-Wyss Areal, Zürich ZH
Ehemalige Nutzung: Maschinen- und Schiffbau
Neue Nutzung: Kultur, Kulinarik, Nachtleben
Baujahr: 1894
Datum der Umnutzung: 2000
Das Schauspielhaus in Zürich ist Teil des Escher-Wyss-Areals. Seit Ende des 19. Jahrhunderts wurden hier vor allem Schiffsmotoren und Turbinen hergestellt. Mitte des 20. Jahrhunderts verlor die schweizer Maschinenindustrie immer mehr an Bedeutung und wurde Schritt für Schritt vom Dienstleistungssektor und der Feintechnik abgelöst. Damit verlor auch der im Jahr 1894 fertiggestellte Zürcher Schiffbau seinen Zweck.
Im Jahr 2000 wurde der Schiffbau in einen Standort für Kultur, Kulinarik und Nachtleben umbenutzt. Der Standort in der Nähe der Zürcher Hardbrücke half dem Schiffbau dabei, sich schnell zu einem beliebten Areal für Freizeit, After-Work und Nachtleben zu etablieren. Das Zentrum des Schiffbaus wird heute vom Schauspielhaus Zürich belegt, welches hier Aufführungen und Events veranstaltet.
Winterthurer Lokstadt
Standort: Winterthur ZH
Ehemalige Nutzung: Maschinen- und Lokbau
Neue Nutzung: Wohnungen und Läden
Baujahr: 1919
Datum der Umnutzung: 2020 bis 2025
Winterthur galt lange als Arbeiter- und Industriestadt im Schatten von Zürich. Die Schwerindustrie, Arbeiterhäuser und riesige Fabrikhallen prägen noch heute das Bild der sechstgrössten Stadt der Schweiz. Nach dem Untergang der Schweizer Schwerindustrie standen die Fabrikhallen über Jahre hinweg leer. Mittlerweile wurden die ehemaligen Arbeiter- und Fabrikquartiere der Stadt aber zu einem grossen Teil aufgewertet.
Ein Vorzeigeprojekt der Stadt Winterthur ist die Lokstadt, ein neu geschaffener Stadtteil, in einem ehemaligen Industriequartier im Arbeiterstadtteil Winterthur-Töss. Die Lockstadt umfasst 12 ehemalige Produktions- und Lagerhallen, die zu Wohnungen, einem Einkaufszentrum und Ladenlokalen umfunktioniert werden. Ergänzt wird die Lokstadt durch ein neu geschaffenes Hochhaus. Die ersten Wohnungen wurden im Jahr 2020 fertiggestellt, das letzte Gebäude wird 2025 bezugsbereit sein.
La Claustra
Standort: San Gottardo, Airolo TI
Ehemalige Nutzung: Luftschutz- und Artilleriebunker
Neue Nutzung: Erlebnishotel
Baujahr: 1944
Datum der Umnutzung: 2004
Während des Zweiten Weltkrieges baute die Schweiz hunderte Bunkeranlagen in den Bergen, um sich im Falle eines Angriffes verteidigen zu können. Viele dieser Luftschutzbunker sind noch heute intakt und ihr Standort bleibt geheim. Ein 1944 bei Airolo im San Gotthard-Massiv errichteter Artilleriebunker wurde Anfang des 21. Jahrhunderts verkauft und 2004 in das Erlebnishotel La Claustra umfunktioniert
Das 4-Sterne-Hotel La Claustra befindet sich auf halbem Weg zwischen Zürich und Mailand und erfreut sich für interessierte Besucher aus der ganzen Welt.
Rote Fabrik
Standort: Zürich-Wollishofen ZH
Ehemalige Nutzung: Fabrikareal
Neue Nutzung: Kultur, Nachtleben
Baujahr: 1892
Datum der Umnutzung: 1990
Die Rote Fabrik am bei Zürich-Wollishofen, am Ufer des Zürichsees, ist eine der beliebtesten Destinationen für Kultur- und Partyfreunde in Zürich. Ursprünglich wurde das Areal als Textilfabrik, seinen Namen erhielt es aufgrund der roten Backsteine, aus denen es besteht.
1981 wurde die Rote Fabrik unter Denkmalschutz gestellt und bereits im Jahr 1990 wurde die Rote Fabrik als Kulturzentrum umgenutzt. Heute befinden sich ein Nachtclub, eine Kunstschule, Läden, Bars, Restaurants, ein Museum und ein Kindergarten auf dem Areal der Roten Fabrik.
Bauernhäuser und Chalets
Standort: Schweizweit
Ehemalige Nutzung: Landwirtschaftliche Nutzung
Neue Nutzung: Wohnen und Tourismus
Baujahr: 19. Jahrhundert
Datum der Umnutzung: 20. und 21. Jahrhundert
Als ehemaliger Bauernstaat ist die Schweiz übersät von Bauernhäusern und Alphütten. Die Anzahl an landwirtschaftlich genutzten Bauten geht jedoch Jahr für Jahr zurück. Das liegt darin, dass immer mehr landwirtschaftliche Gebäude in der Schweiz umgenutzt werden. In der Schweiz hat die Landwirtschaft über die letzten 100 Jahren an Bedeutung verloren und macht heute nur noch einen kleinen Bruchteil der schweizer Wirtschaftsleistung aus. Viele Bauernhäuser im Mittelland dienen heute als reine Wohnhäuser, während die Alphütten zu Ferienhäusern umgebaut werden.
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Umnutzung von Gebäuden mit PlanRadar
Die Umnutzung von Bauwerken ist mit diversen Herausforderungen verbunden. Dazu gehören unter anderem rechtliche Vorgaben, die Beibehaltung des Charakters und die Limitierungen der Bausubstanz.
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