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Die Preise am Immobilienmarkt in China kannten in den letzten Jahren nur eine Richtung: Nach oben. Doch zuletzt mehrten sich im Reich der Mitte die Anzeichen einer Immobilienblase. Die chinesische Regierung ist alarmiert und möchte der überbordenden Spekulation Einhalt gebieten, muss dabei aber sehr vorsichtig vorgehen – ein Kollaps der Immobilienpreise hätte nicht nur für China, sondern auch für die Weltwirtschaft gravierende Folgen.
Das Reich der Mitte ging in den letzten vierzig Jahren durch einen enormen wirtschaftlichen Wandel. Aus einem Entwicklungsland gebeutelt von Armut, Krieg und Misswirtschaft wurde eine Weltmacht mit einer wachsenden Mittel- und Oberschicht.
Da die Anlage von Kapital in China viel stärker reguliert ist als in vielen westlichen Staaten, investieren Chinesinnen und Chinesen vor allem in eine Anlageklasse: Immobilien. Dies führte zu einem riesigen Boom, der sich unendlich fortzusetzen schien.
Corona und die massive Überbewertung urbaner Immobilien führten dazu, dass seit letztem Jahr die Sorgen steigen, in China dürfte bald eine Immobilienblase platzen. Mit dem Ende der Zero-COVID-Politik erhofft sich die Regierung für 2023 eine Erholung der sozialen und politischen Lage, was sich nicht zuletzt auf den in China so bedeutenden Immobilienmarkt auswirken dürfte. Was es damit auf sich hat, klären wir in diesem Beitrag.
Droht eine Krise auf dem chinesischen Immobilienmarkt?
Die Wahrheit ist, dass sich China bereits in einer Immobilienkrise befindet. Noch ist die befürchtete Blase nicht geplatzt, die Zahlen sind allerdings alarmierend. Den Stein ins Rollen gebracht hat das Immobilienunternehmen Evergrande. Der Entwickler aus der südchinesischen Stadt Guangzhou ist das zweitgrößte Immobilienunternehmen Chinas und eines der größten Unternehmen der Welt.
2020 geriet Evergrande in Schieflage und hat sich seither um unglaubliche 300 Milliarden US-Dollar verschuldet. Die Auswirkungen sind nicht nur in der chinesischen Immobilienbranche, sondern auf Kapitalmärkten rund um den Globus spürbar. Evergrande schwankt im überhitzten chinesischen Immobilienmarkt. Es kann bereits verkaufte Wohnungen nicht bauen. Dies führt zu Zahlungsboykotts und Protesten unter Käuferinnen und Käufern.
Vernetzung von Wirtschaft und Immobilienmarkt
Der Zustand der chinesischen Wirtschaft hängt auch 2023 vom Zustand des Immobilienmarktes ab und vice versa. Dies ist in den meisten Ländern der Welt der Fall. In China ist diese Vernetzung jedoch besonders stark ausgeprägt. Immobilien sind das Anlageobjekt Nummer eins in China. Zudem sind Immobilien in China ein Statussymbol und der soziale Druck ein Eigenheim zu besitzen, ist enorm. Viele Chinesinnen und Chinesen besitzen daher gleich mehrere Wohnungen, die zu einem völlig überbewerteten Preis gekauft wurden. Der rasante Bauboom hatte zur Folge, dass viele Wohnungen in schneller Zeit gebaut wurden, darunter leidete oftmals die Qualität der Bausubstanz und der Anschluss an die umliegende Infrastruktur.
In China belegt der Immobiliensektor einen Anteil von 25 Prozent an der Gesamtwirtschaft. Gerät eines der größten Immobilienunternehmen in Schieflage, hat das verheerende Auswirkungen. Mindestens ein Fünftel aller chinesischen Immobilienunternehmen befinden sich mittlerweile in finanzieller Schieflage und zahlreiche Banken kämpfen gegen Liquiditätsprobleme.
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Taubenhäuser und Geisterstädte
Angetrieben von der Globalisierung erlebten Schwellenländer zur Jahrtausendwende rund um den Globus einen Boom. Die Folgen waren nachhaltig und wirkten sich auf die Immobilienmärkte in Südafrika ebenso aus, wie auf der arabischen Halbinsel. In den letzten 20 Jahren erlebte das Reich der Mitte eine der weltweit tiefgreifendsten Transformationen seiner Wirtschaft und Gesellschaft. Heute ist China eine führende Industriemacht und die Bewohner von Megastädten wie Shanghai oder Peking genießen denselben Lebensstandard, wie in Japan oder westlichen Staaten.
Diese Entwicklung hinterließ auch auf dem Immobilienmarkt in China Spuren. Der Privatbesitz von Wohnungen oder Häusern wurde in China erst Ende der 90er Jahre legalisiert. Damals kostete eine 60-Quadratmeter-Wohnung in Peking umgerechnet 25.000 Euro. Heute müssen Käufer für dieselbe Wohnung rund 800.000 Euro berappen.
Diese Preisexplosion hat mehrere Gründe:
- Das chinesische Wirtschaftswunder kam nicht nur den Eliten, sondern weiten Teilen der Bevölkerung zugute. Noch im Jahr 2000 lebten 40% der Bewohner des Landes unter der Armutsgrenze. Heute sind es weniger als 1%. Dieser breit verteilte Wohlstand ermöglichte es den Chinesen, Besitz in Form von Immobilien zu erwerben.
- Durch die Vergabe von billigen Krediten wurde der Kauf eines Eigenheims für breitere Bevölkerungsschichten möglich.
- Hinzu kamen kulturelle Gründe: Der Besitz von Betongold stellt in den Augen vieler Chinesen und Chinesinnen die sicherste Wertanlage und damit Garantie für zukünftigen Wohlstand dar. Mit dem Effekt, dass 2019 rund 70% des Haushaltsvermögens in Immobilien stecken.
- Ein weiterer Faktor ist in diesem Zusammenhang die rasante Verstädterung des Landes. Diese ist politisch gewollt, denn Städte bilden als eng vernetzte Wirtschaftszentren die Grundlage für den ökonomischen Aufstieg der zuvor armen Bevölkerungsteile. Dazu wurden in den letzten Jahren große Flächen an Farmland in Städte eingegliedert. Mit dem Effekt, dass die ehemaligen Bauern dieselben Rechte wie Stadtbewohner erhielten. Bislang an ihr Land gebunden, durften sie nun auch in den urbanen Bereichen leben und arbeiten. Ebenso zogen Abermillionen Migranten aus ärmeren Regionen in die Städte. Der Bedarf an urbanem Wohnraum stieg entsprechend und führte zum Bau tausender neuer Wohnblocks – im Chinesischen aufgrund des gedrängten Lebensraums im Inneren auch „Taubenhäuser“ genannt.
- Als 2008 die Finanzkrise die Weltwirtschaft erschütterte, reagierte die chinesische Regierung mit einem umfassenden Konjunkturprogramm. In Folge floss viel Geld in den Bau- und Immobiliensektor.
- Der prosperierende Immobilienmarkt war seit Beginn des Jahrtausends nicht nur ein Ausdruck des anhaltenden Wirtschaftswachstums, sondern wurde auch selbst zu einem wesentlichen ökonomischen Faktor. Rund 25% der chinesischen Wirtschaft sind direkt oder indirekt vom Bau- und Immobiliensektor betroffen. Stiegen die Preise für Wohnungen in Chengdu oder Chongqing, war das bislang ein Garant dafür, dass auch der Markt für Baumaterialien oder die Vergabe von Krediten brummten.
- Weiter befeuert wurde der Prozess durch Entwicklungen an den Finanzmärkten. Als der chinesische Aktienhandel 2015 überhitzte und zeitweise sogar ausgesetzt werden musste, suchten Investoren nach anderen Möglichkeiten, wie sie ihr Kapital anlegen konnten, und erkoren den Immobilienmarkt als neues Ziel aus. Der Bauboom setzte sich somit weiter fort. Wo sich früher Fischteiche und Reisfelder befanden, stehen nun moderne Wohnhäuser. Doch insbesondere an den Stadträndern übersteigt das Angebot inzwischen die Nachfrage bei weitem. Schätzungen sprechen davon, dass im ganzen Land rund 50 Millionen oder 22% aller Wohnungen und Häuser leer stehen.
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Lage, Lage, Lage
Während neu errichtete Stadtviertel in ungünstiger Lage veröden, wird der Platz in den urbanen Zentren immer knapper. In den letzten zehn Jahren verdreifachen sich in den letzten zehn Jahren die Durchschnittspreise für Immobilien in den drei größten chinesischen Städten Shanghai, Peking und Guangzhou.
Dazu trug auch die fortschreitende Öffnung des Landes bei. So dürfen Ausländer, die in China länger als ein Jahr gearbeitet oder studiert haben, Immobilien erwerben. Ein weiterer Faktor treibt den Mangel an Objekten in zentraler Lage zusätzlich voran: Die meisten Häuser Chinas sind für eine Lebensdauer von 30 bis 50 Jahren konzipiert. Viele Bauten aus den 80er- und 90er-Jahren gelangen somit jetzt an das Ende ihres Lebenszyklus. Die Sanierung dieser Altbauten boomt zwar, kostet jedoch Zeit und Geld.
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Der Staat reagierte auf diese Entwicklung und führte Gesetze ein, die es Privatpersonen erschweren, in den beliebten Metropolen Zweit- und Drittimmobilien zu erwerben. In diesem Zusammenhang weist das Land eine Besonderheit auf: Zwar ist der Kauf von Immobilien für In- und Ausländer überall möglich. Doch ob im Zentrum von Peking oder irgendwo in der Provinz – das Land, auf dem sich das Gebäude befindet, kann nur gepachtet werden und bleibt immer im Besitz des Staates. Unabhängig davon bleibt die chinesische Lust am Eigenheim jedoch weiter ungebrochen. Einige findige Bürger und Bürgerinnen täuschen sogar Scheidungen vor, um manche Regularien zu umgehen.
Die Regierung mahnt indes, dass Wohnraum zum Leben und nicht für Spekulationen gedacht sei. Um aus der drohenden Immobilienblase in China Druck rauszunehmen, setzt sich die Regierung für den verstärkten Bau von Mietshäusern und -wohnungen ein. Ebenso laufen erste Versuche des Miteigentums – Privatperson und Staat besitzen dabei Teile einer Immobilie. Als Vorbild gilt Singapur, wo vom Staat 80 Prozent des verfügbaren Wohnraums bereitgestellt werden. Vor drastischeren Schritten, wie zum Beispiel der Einführung einer Grundsteuer, schreckt die chinesische Regierung aber noch zurück, da sie ein abruptes Platzen der Blase vermeiden möchte.
2021 legten die neu eingesetzte Leitung vom Evergrande Konzern und die chinesischen Behörden Umstrukturierungs- und Stabilisierungspläne vor. Darin enthalten sind diverse Maßnahmen wie staatliche Interventionen, Stabilisierungsfonds und die Abspaltung von mehreren Geschäftssparten, wodurch Evergrande sukzessive zurück auf die Spur gebracht werden soll.