Die Architektur der Zukunft
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Das 21. Jahrhundert stellt spezifische Herausforderungen an Städte und die Ingenieur:innen, die sie entwickeln. Urbane Zentren beherbergen immer mehr Menschen, sind für sie Lebens- und Arbeitsmittelpunkt und sollen gleichzeitig sicher und gesundheitsförderlich sein. Eine Lösung, um eine wachsende städtische Population mit mehr Lebensqualität zu vereinen, ist die Smart City.
Was ist unter „Smart City“ zu verstehen?
Um als smart zu gelten, muss eine Stadt zum einen die herkömmlichen Dienste und Infrastrukturen mithilfe von Informationstechnologie effizienter gestalten. Das betrifft die Bereiche Energie, öffentliche Verwaltung und Bürgerdienste, Mobilität und Stadtentwicklung. Zum anderen glänzen Smart Cities durch gesteigerte Nachhaltigkeit. Es wird vermehrt oder vollständig auf erneuerbare Energiequellen gesetzt und die Stadt ist klimaneutral, erzeugt also nicht mehr Treibhausgasemissionen, als durch CO₂-Senken unschädlich gemacht werden können.
Zu einer Smart City gehört es zudem, die Versorgung der Bürger und Bürgerinnen zu optimieren. Dafür werden Daten erfasst, zum Beispiel über den Stromverbrauch, um die Kraftwerke entsprechend effizient betreiben zu können. Ebenfalls ist es mit einer datengestützten und automatisierten Verwaltung nicht nötig, dass die Müllabfuhr die Häuser in einem regelmäßigen Turnus abfährt. Stattdessen kann sie gezielt die Behälter leeren, die einen hohen Füllstand erreicht haben.
Im Bereich der Sicherheit hat eine Smart City ihren Bewohner:innen ebenfalls mehr zu bieten als altbekannte urbane Zentren. Durch Kameras und Gesichtserkennungssoftware können die Sicherheitsbehörden informiert werden, wenn sich beispielsweise eine polizeilich gesuchte Person unter die Menschen mischt. Im Idealfall können Straftaten und Terroranschläge so verhindert und das Sicherheitsgefühl der Bürger:innen verbessert werden.
Der Hauptfokus bei allen Bestrebungen im Rahmen der Smart City liegt dabei stets auf den Vorteilen für den Menschen. Vernetzung, Automatisierung und Implementierung neuer Technologien sollen die Lebensqualität steigern. Eine Überwachung der Bürger:innen ist hingegen nicht das Ziel.
LESETIPP: Problem Bevölkerungswachstum in Städten: Was Sie zur Urbanisierung wissen müssen
Digitalisierung weltweit: Smart City Beispiele
Es gibt mehrere Städte, die sich im Bereich Smart City positiv hervortun. Eine davon ist der Stadtstaat Singapur, der mit 5,45 Millionen Einwohnern auf rund 729 Quadratkilometern sehr dicht besiedelt ist. Die Stadtverwaltung treibt die Vernetzung mit Smart-Home-Systemen unter anderem voran, um älteren, alleinstehenden Personen mehr Sicherheit im Fall von gesundheitlichen Notfällen zu bieten.
Ein weiter Spitzenreiter ist Dubai (3,33 Millionen Einwohner). Das Emirat hat es sich zum Ziel gesetzt, sämtliche Dienstleistungen der Verwaltung zu digitalisieren. Für den Zugriff wurde eine App (DubaiNow) bereitgestellt. Das erleichtert nicht nur den Bürger:innen das Leben und erspart ihnen Behördengänge, sondern verringert gleichzeitig die Ausgaben des Emirats für die Verwaltung.
Die größte Stadt Norwegens, Oslo, bietet 5,4 Millionen Menschen ein Zuhause. Sie gehört zu den Vorreitern in Sachen Smart City, da hier zur Steuerung von Licht und Temperaturregulierung bereits in großem Umfang auf Sensoren zurückgegriffen wird. Bis 2030 plant Oslo zudem, die Emissionen um 95 Prozent zu senken. Durch dieses Ziel wurden Prozesse angestoßen, die die Nutzung von E-Mobilität fördern. Fahrer:innen von E-Autos stehen bereits 2.000 Ladestationen zur Verfügung, an denen sie die Akkus der Fahrzeuge aufladen können.
Boston im Bundesstaat Massachusetts mit rund 654.780 Einwohnern setzt bei der Transformation zur Smart City auf die Mithilfe der Bürger:innen. Dafür werden Apps bereitgestellt, die etwa bei der Suche nach Parkplätzen helfen und das Melden von Störungen und weiteren Problemen wie Vandalismus erlauben. Für nachhaltigere Mobilität setzt Boston auf Sharing-Hubs, die entsprechende Dienstleistungen bündeln.
Smart-City-Projekte in Österreich
Österreich hat bereits im Jahr 2010 die Smart Cities Initiative ins Leben gerufen. Die Initiative umfasst etliche Städte des Landes und ist in Einstiegs-, Umsetzungs- und Begleitprojekte untergliedert. Mittlerweile findet jedes zehnte Projekt im Bereich Smart City in Österreich statt. Die Projekte befassen sich mit folgenden Kernthemen:
- Mobilität
- Energienetze
- Kommunikations- und Informationssysteme
- Ver- und Entsorgung
- Gebäude
- System Stadt
- Grün- und Freiraum
Das übergeordnete Ziel besteht darin, verschiedene Zielgruppen anzusprechen, die durch Förderungen bei der Umsetzung ihrer Vorhaben unterstützt werden. Bis dato hat Österreich auf diese Weise 155 Stadtprojekte sowie 12 begleitende Maßnahmen umgesetzt, wofür circa 65 Millionen EUR vom Klima- und Energiefonds bereitgestellt wurden. Ab 2017 wurde zusätzlich ein Evaluierungsprojekt ausgeschrieben, das die Wirksamkeit der Bemühungen festgestellt hat.
Beim Wissensaustausch zwischen verschiedenen Städten hilft die österreichische „Smart Cities Vernetzungsplattform“. Sie ermöglicht es den Verantwortlichen, ihre Erfahrungen miteinander zu teilen und so Synergieeffekte zu nutzen.
Die vielversprechendsten aktuellen Projekte
Grundsätzlich müssen sämtliche der Pläne, die in Österreich gefördert werden, eine gewisse Erfolgsaussicht vorweisen können. Der wirtschaftliche Umgang mit den bewilligten finanziellen Mitteln sowie eine Orientierung an wissenschaftlichen Standards sind weitere Voraussetzungen, um den Zuschlag für eine Ausschreibung zu bekommen. Die nachfolgenden Projekte tun sich in diesen Kriterien besonders hervor.
Klagenfurt will seine Treibhausgasemissionen in bestimmten Gebieten um 50 Prozent und stadtweit bis 2050 um 90 Prozent verringern. Dafür wurde ein Smart Meter entwickelt, das als Schnittstelle zwischen dem „Smart Grid“ und den Verbrauchern und Verbraucherinnen dient. Das betrifft sämtliche Emissionen aus Verkehr, Wärme und Strom. Dafür wurden insgesamt sieben Unterprojekte herausgearbeitet, die öffentliche Bürogebäude, Krankenhäuser, (de-)zentrale Wohngebiete und Erschließungsgebiete umfassen.
Aufgrund des großen Umfangs wurde das Projekt in drei Teilabschnitte untergliedert. Die erste Phase wurde 2020 abgeschlossen und beinhaltete den versuchsweisen Bau von „Energieplus-Häusern“ mit neuartigen Speichertechnologien, Photovoltaik und Smart Grid. In der aktuellen Phase, die bis 2030 dauern wird, konzentrieren sich die Verantwortlichen darauf, die Energieplus-Häuser als Standard zu etablieren. Zugleich soll die Elektromobilität auf 20 Prozent ausgebaut werden und Treibstoffe, die fossile Energiequellen ersetzen können, entwickelt werden.
Im weiteren Verlauf soll Klagenfurt als Smart City positioniert werden. Auch die Bürger:innen sollten ihren Teil zu mehr Nachhaltigkeit beitragen, indem sie ihr Verbrauchsverhalten ändern.
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Smart City Graz
Graz hat etliche Projekte begonnen, von denen einige bereits abgeschlossen sind, um die Stadt mehr in Richtung Smart City zu entwickeln. Dazu gehören die drei Stadtteilinitiativen „Smart City Süd“, „Smart City Mitte“ und „Smart City Nord“. Für die Überarbeitung der Stadtmitte ist geplant, Büro- und Geschäftsflächen und einen öffentlichen Park zu errichten. Ein wichtiger Teil der Smart City Graz sind Wohnungen.
Die Energie für das Gebiet wird aus Photovoltaik-Anlagen stammen. Zugleich befindet sich hier ein Grundwasserreservoir, das genutzt wird, um sämtliche Gebäude des Areals zu heizen und zu kühlen. Da das Wasser mit zwölf Grad Celsius kühl ist, eignet es sich ideal, um Wohnungen im Sommer ohne den Einsatz von Klimaanlagen zu temperieren. Für die geschäftlich genutzten Räumlichkeiten kommen zwar Klimaanlagen zum Einsatz, diese werden allerdings durch das Grundwasser abgekühlt. Das spart viel Strom und macht Graz Mitte noch etwas klimafreundlicher.
Ein weiterer Teil des Projekts ist die Anbindung an das Straßenbahnnetz, damit den Bewohner:innen und Arbeitnehmer:innen ein nachhaltiges Verkehrsmittel zur Verfügung steht. Darüber können sie in wenigen Minuten den Hauptbahnhof und die Innenstadt erreichen, was die Mobilität verbessert.
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Smart City Wien
Erklärtes Ziel der Stadt Wien ist es, bis 2040 klimaneutral zu sein. Dies hat der Stadtrat Peter Hanke auf dem Smart City Vienna Summit 2021 bekräftigt. Das Prinzip basiert auf drei Säulen: Lebensqualität, Ressourcen und Innovation, wie der Rahmenstrategie 2019-2050 zu entnehmen ist. Dafür initiiert die Stadt in Kooperation mit Unternehmen eine Vielzahl an Projekten, unter anderem:
- OekoBusiness Wien
- Cooling Points
- WienMobil Stationen
- Urban Data Plattform
- Reparatur und Re-Use von Elektrogeräten
- Kreislaufwirtschaft
Einige der Vorhaben reichen bereits weit zurück. OekoBusiness Wien begann 1998 und bietet Unternehmen eine Beratung, um ihre Arbeitsprozesse nachhaltiger und umweltfreundlicher zu gestalten. Insgesamt haben 1.400 Firmen das Angebot genutzt und dadurch 740.000 Tonnen CO₂ eingespart. Vergleichsweise neu sind hingegen die Cooling Points, die den Bürger:innen in der Sommerhitze die Möglichkeit geben, sich abzukühlen. Dafür wird Wasser aus feinen Düsen vernebelt, was die Körpertemperatur durch die Verdunstungskühle senkt.
In Wien, das die Nutzung von Pkws in vielen Bezirken stark einschränkt, sind alternative Beförderungsmittel besonders wichtig. Die Einrichtung der WienMobil Stationen ist daher nur eine konsequente Fortsetzung der Mobilitätswende, die die Stadt schon vor Jahren angestoßen hat. Die Stationen verbessern die Vernetzung zwischen öffentlichen Verkehrsmitteln und privaten Sharing-Anbietern, um Einheimischen sowie Touristinnen und Touristen die Fortbewegung so komfortabel wie möglich zu machen.
Der DDr. Alois Lugger Platz in Innsbruck mit der darunterliegenden Tiefgarage soll für die Veränderungen, die der Klimawandel mit sich bringt, aufgerüstet werden. Ziel des Projekts ist es, sowohl einem urbanen Hitzestau als auch Überflutung bei Starkregen vorzubeugen. Dafür soll die versiegelte Fläche im Olympischen Dorf mit verschiedenen Maßnahmen angepasst werden. Die Besonderheit bei diesem Projekt besteht in seinem vielschichtigen Ansatz, der gesellschaftliche, technische und klimatische Aspekte berücksichtigt.
Ein Teil des Vorhabens besteht darin, die Oberfläche auf große Niederschlagsmengen vorzubereiten und dadurch gleichzeitig eine bessere Wasserbilanz zu erreichen. Das Projekt wird durch ein interdisziplinäres Team begleitet, dessen Mitarbeiter:innen sich aus den Fachbereichen Soziologie, Umwelttechnik und Stadtgeografie rekrutieren.
Die Zukunft der Smart City in Österreich
Um österreichische Städte für zukünftige Herausforderungen auszurüsten, haben 2022 die Ausschreibungen für die Projektreihe „Leuchttürme für resiliente Städte 2040“ begonnen. Die Reihe fokussiert sich auf drei Hauptbereiche. Dazu gehören die Anpassung des öffentlichen Raums an den Klimawandel, die Entwicklung resilienter Siedlungen in bestehenden Quartieren und die Nutzung von sozialer Innovation für die Weiterentwicklung der Städte.
Österreich deckt somit weitere Aspekte der Smart City ab und arbeitet bereits jetzt an Lösungen für veränderte Rahmenbedingungen, die sich in Zukunft verstärkt auf die Städte auswirken werden. Das Land ist in vielerlei Hinsicht Vorbild für andere Staaten, da es sowohl Risiken als auch Potenziale erkannt hat und ihnen proaktiv begegnet.